
Depression und Angsterkrankungen
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PD Dr. Kim Hinkelmann
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Depression und Angsterkrankungen
Stress-assoziierte Erkrankungen wie Depression und Angsterkrankungen, aber auch die Borderline-Persönlichkeitsstörung, gehen mit Veränderungen HPA-Achsenaktivität auf hypothalamischer, hypophysärer und peripherer Ebene einher. Die HPA-Achse mit seinem Effektorhormon Cortisol stellt daher einen wichtigen Angriffspunkt für neue Therapiemöglichkeiten bei diesen Erkrankungen dar. In mehreren Studien haben wir die Veränderungen der HPA-Achse bei verschiedenen stress-assoziierten Erkrankungen sowie die Effekte von Cortisol auf Kognition untersucht.
Die Rolle des Mineralokortikoidrezeptors bei Kognition: Einfluss von Depression und Geschlecht
Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Antragsteller: PD Dr. Kim Hinkelmann, Prof. Dr. C. Otte
Depressive Patienten weisen häufig kognitive Beeinträchtigungen, Verzerrungen in der Verarbeitung emotionaler Informationen und erhöhte Werte des Stresshormons Cortisol auf. Cortisol wirkt über zwei verschiedene Rezeptoren, den Mineralocorticoidrezeptor (MR) und den Glucocorticoidrezeptor (GR) modulierend auf die HPA Achse (und damit über einen negativen Feedback Mechanismus auf die weitere Cortisolausschüttung) und auch auf kognitive Funktionen. MR finden sich im Gehirn überwiegend im limbischen System, während GR in deutlich mehr Hirnarealen exprimiert werden. Kerngebundenen MR sind aufgrund ihrer hohen Affinität zum Cortisol unter basalen Bedingungen zum circadianen Nadir, also in den Abendstunden, zu etwa 80% besetzt. Membrangebundene MR besitzen eine geringere Affinität zu Cortisol und vermitteln schnelle, also nicht genetische, Effekte. Sowohl in Tierstudien als auch in Humanstudien gibt es vielfache Hinweise für einen geschlechtsabhängigen Unterschied in der Reaktivität der HPA-Achse.
In diesem Projekt sollte an insgesamt 100 Teilnehmern (50 depressive Patienten vs. 50 gesunde Probanden, jeweils 25 Männer und 25 Frauen) geprüft werden, ob eine MR-Blockade mit Spironolacton
a) bei Patienten mit einer Depression zu einer Disinhibition der HPA-Achse mit konsekutiver Erhöhung von Cortisol führt,
b) geschlechtsspezifische Effekte bezüglich der HPA-Achsen Regulation verursacht,
c) bei depressiven Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden zu kognitiven Defiziten führt und
d) geschlechtspezifische Unterschiede bezüglich Kognition verursacht.
Auswertbar waren die Daten von 48 depressiven Patienten und 45 Kontrollprobanden. Patienten und Probanden waren sorgfältig nach Alter, Geschlecht und Bildung gepaart, so dass sich keine signifikanten Gruppenunterschiede zeigten.
Die ANOVA im Messwiederholungsdesign ergab einen signifikanten Behandlungseffekt (F=29.7, p<0.01) mit höherem Cortisol nach Spironolacton im Vergleich zu Placebo über beide Gruppen. Zudem fanden wir eine signifikante Behandlung x Gruppe Interaktion (F=5.7, p=.02). Die Post-hoc Analyse zeigte ein signifikant höheres Cortisol in der Placebokondition bei depressiven Patienten im Vergleich zu Gesunden, während nach Spironolactongabe kein Gruppenunterschied zu sehen war (p=.02). Unsere Ergebnisse legen eine verminderte MR-Funktion bei depressiven Patienten nahe: Eine signifikant höhere Cortisolkonzentration bei depressiven Patienten unter Placebobedingung spricht für eine Dysregulation der HPA Achse via GR oder MR. Eine zusätzliche MR-Blockade hat jedoch keinen weiteren Effekt, d.h. eine negative Feedback-Hemmung muss über den GR möglich sein. Geschlechtseffekte fanden sich nicht.
In einer Add-on Untersuchung nahmen 28 depressive Patienten und 43 gesunde Probanden teil und wurden mit dem MET (Multifaceted Empathy Test) und dem MASC (Movie for the Assessment of Social Cognition) untersucht. Da es für diese beiden Tests keine Parallelversionen gibt, war kein cross-over design möglich, so dass 13 Patienten und 24 Kontrollen nach Placebo- sowie 15 Patienten und 19 Kontrollen nach Spironolactongabe untersucht wurden.
In der ANOVA zeigte sich kein signifikanter Behandlungs- oder Gruppen-Effekt, jedoch eine signifikante Gruppe x Behandlung Interaktion. Die Post-hoc-Analyse ergab, dass Spironolacton-Gabe zu einer Verminderung der kognitiven Empathie bei den depressiven Patienten führt (p=0.02), aber nicht bei gesunden Kontrollen (p= 0.14). Bezüglich der emotionalen Empathie gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen Gruppen und Behandlungen. Die Ergebnisse können für eine Rolle des MR bei der Sozialen Kognition sprechen und ergänzen präklinische Studien, in denen es vermehrt Hinweise gibt, dass der MR bei der Bewertung neuer Situationen (Appraisal) und stress-assoziierten emotionalen Reaktionen beteiligt ist.
Hinkelmann, K., Hellmann-Regen, J., Wingenfeld, K., Kuehl, L. K., Mews, M., Fleischer, J., Heuser, I. & Otte, C. (2016). Mineralocorticoid receptor function in depressed patients and healthy individuals. Progress in Neuro-Psychopharmacology and Biological Psychiatry, 71, 183-188.
Wingenfeld, K., Kuehl, L. K., Dziobek, I., Roepke, S., Otte, C., & Hinkelmann, K. (2016). Effects of mineralocorticoid receptor blockade on empathy in patients with major depressive disorder. Cognitive, Affective, & Behavioral Neuroscience, 16(5), 902-910.