
FPR - Prozess- und Qualitätsforschung in der Psychotherapie
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Prozess- und Qualitätsforschung in der Psychotherapie
Zur Definition und Operationalisierung verhaltenstherapeutischer Basistechniken, störungsspezifischer Techniken und Strategien wurde unter der Herausgeberschaft von M. Linden und M. Hautzinger beim Springer-Verlag das Verhaltenstherapiemanual herausgegeben. Darin wird verhaltensnah das therapeutische Vorgehen, die Indikation, mögliche Probleme in der Umsetzung und Erfolgskriterien beschrieben. Des Weiteren werden störungsspezifische Strategien dargestellt.
Zur Erfassung des Therapieprozesses über viele Sitzungen wurde die „Pivotal Topic“ Methode entwickelt. Damit lässt sich der Therapieprozess über einen längeren Zeitraum abbilden. Und dies sowohl aus Sicht des Therapeuten wie des Patienten. Es fand sich, dass die von Therapeuten als wichtig angesehen Topics mit zeitlicher Verzögerung dann auch von den Patienten als wichtig benannt wurden. Dies kann als Hinweis auf eine aktive Therapiesteuerung durch den Behandelnden gewertet werden.
Es wurde eine Heuristik zur Beschreibung psychotherapeutischer Kompetenzen entwickelt, das „Mehrebenenmodell der Psychotherapie“. Es unterscheidet zwischen: (1) Kompetenzen der Gestaltung der Therapeut-Patient-Beziehung, (2) Therapeutische Basiskompetenzen, (3) Störungsspezifische Kompetenzen, (4) Kompetenz zur Stundenstrukturierung, (5) Kompetenz zur Steuerung des Therapieprozesses, (6) Theoriekompetenzen.
Daran anknüpfend erfolgte eine Analyse der Patient-Therapeut-Beziehung. In der Literatur wird ihr unter dem Einfluss der klientenzentrierten Psychotherapie eine besondere Bedeutung für das Therapieergebnis zugeschrieben. Es wurde herausgearbeitet, dass „die“ Patient-Therapeut-Beziehung nicht gibt, sondern zu unterscheiden ist zwischen der „Therapeut-Patient-Beziehung“ (aus Therapeutensicht), der „Patient-Therapeut-Beziehung“ (aus Patientensicht), der „Therapeut-Patient-Übereinstimmung“ (aus beider Sicht) und der „beobachteten therapeutischen Beziehung“ (aus Sicht Dritter). Es zeigte sich, dass diese Maße nur bedingt miteinander korrelieren, wobei erwartungsgemäß die beobachtete Beziehung die geringsten Zusammenhänge mit den anderen Maßen zeigte. Das Therapieergebnis steht mit den einzelnen Maßen in unterschiedlichem Zusammenhang. Bei Sichtung der wissenschaftlichen Literatur fand sich, dass die behauptete Bedeutung der Patient-Therapeut-Beziehung im Wesentlichen Ausdruck einer Partialkorrelation und keines kausalen Zusammenhangs ist. „Gute“ Patienten haben eine gute Patient-Therapeut-Beziehung und zugleich einen guten Ausgang. Es gibt bislang keinen Beleg über die eigenständige therapeutische Wirksamkeit der Patient-Therapeut-Beziehung.
Auf der Basis des Mehrebenenmodells der Psychotherapie wurde die „Verhaltenstherapie-Kompetenz-Checkliste“ (VTKC) entwickelt. Sie definiert und operationalisiert, was Verhaltenstherapie ist und erlaubt die Beschreibung der Qualität psychotherapeutischer Behandlungen. Sie ermöglicht zu sagen, was in der kognitiven Verhaltenstherapie als gute therapeutische Praxis anzusehen ist und wie gut eine konkrete Therapie nach diesem Maßstab ist. Sie kann auch als Trainingsinstrument verwendet werden. Die VTKC umfasst 86 Items kognitiv-verhaltenstherapeutischer Interventionen, die 12 Oberkategorien zuzuordnen sind: a) Nachbesprechung von Hausaufgaben, b) Mikroanalyse, c) Makroanalyse, d) Entwicklung eines Störungsmodells, e) Problemlösung, f) Modifikation von Kognitionen, g) Selbstmanagement, h) Hausaufgaben stellen, i) Sicherung eines Arbeitsbündnisses, j) Stunden- und Prozessstrukturierung, k) Globalbewertung der VT-Kompetenz, l) Heuristik. Es liegen spezielle Versionen für Supervisionen und das Therapeutentraining, für Patienten, und für Forschungszwecke vor. Die Übereinstimmungswerte liegen bei einem Kappa von .6.
In einer Studie zur Untersuchung der Qualität der Verhaltenstherapie unter Routinebedingungen in einer psychosomatischen Rehabilitationsklinik fand sich, dass Hausaufgaben (71%) und Modifikation von Kognitionen (42%) die häufigsten Interventionen waren. Der Durchschnitt der qualitativen Beurteilungen der psychotherapeutischen Kompetenzen über alle Therapeuten hinweg betrug 3,4 auf einer Skala von 1=ungenügend bis 7=exzellent. Am schlechtesten wurde „Erarbeiten von Problemlösestrategien“ (2,7) bewertet, am besten „Aufbau einer therapeutischen Beziehung“ (5,2).
In einer weiteren Studie wurden Verhaltenstherapeuten randomisiert einer Trainings- und einer Kontrollgruppe zugewiesen. In der Interventionsgruppe wurden die Therapeuten angehalten über fünf Monate hin täglich nach einer Therapiesitzung die VTKC auszufüllen und ihr therapeutisches Verhalten zu überprüfen. Des Weiteren fanden vierzehntäglich Intervisionssitzungen statt auf der Basis der VTKC. Nach Abschluss der Trainingsphase wurden Tonbänder beider Gruppen ausgewertet. Die Verhaltenstherapeuten, die mit Hilfe der VTKC trainiert wurden zeigten im Vergleich zur Kontrollgruppe ein signifikant besseres Theoriewissen und wendeten ein differenzierteres Spektrum an Interventionen an. Es fanden sich jedoch keine Unterschiede in der Qualität der Therapiedurchführung. Dies spricht dafür, dass Theoriekenntnisse durch angeleitete Praxisübungen ergänzt werden müssen.